
25 Okt Wenn es «knallt» im Homeoffice
In privaten Wohnräumen mit zuvor eindimensionalem Verwendungszweck verschmelzen zusehends Arbeitstätigkeiten, Familienleben und Freizeitverhalten zu einer Einheit. Dies wirft gleichermassen für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer neue Fragen auf, auch versicherungstechnisch. Denn wer deckt welche Schäden, die auch in einem Homeoffice passieren können?
VON THOMAS BERNER
Das Homeoffice wird von der Pflicht zu einem Standard in vielen Unternehmen. Viele Angestellte richten deshalb in ihren Wohnungen immer mehr fixe Heimarbeitsplätze ein. Die zunehmende Vermischung von Wohnen und Arbeiten oder die gemischte Nutzung privat und geschäftlich von Geräten hat versicherungstechnische Auswirkungen bei Hausrat, Rechtsschutz, Haftpflicht, Cyber usw. Worauf müssen nun Firmen und Private achten, damit ein genügender Versicherungsschutz besteht? Darüber sprachen wir mit Denis Neumann, Experte für Sachversicherungen beim Versicherungsbroker Global Sana AG.
ORGANISATOR Herr Neumann, inwiefern wird die Versicherungswelt durch die Verwischung der Grenzen zwischen «privat» und «geschäftlich» komplizierter?
DENIS NEUMANN Die Situation ist in der Tat recht speziell, zumal man sich quasi von heute auf morgen auf die neue Situation einstellen musste. Die meisten KMU waren nicht auf die plötzliche Umstellung auf Homeoffice vorbereitet. Viele merkten dabei, wie viel sie in Sachen Digitalisierung aufzuholen haben. Vielleicht war es da sogar ein Vorteil, dass sie plötzlich so schnell reagieren mussten. Ich denke, Homeoffice-Modelle werden sich längerfristig durchsetzen. Unternehmen werden sich flexible Modelle zwischen Heim -und Firmenbüro suchen, «Flex Work» lautet hier das Stichwort.
Aber was heisst dies nun versicherungstechnisch?
Man wird schauen müssen, wie sich unterschiedliche Szenarien versichern lassen. Die Unternehmen müssen prüfen, welche Gefahren an welchen Orten drohen könnten und falls nötig ihre Versicherungen anpassen. Homeoffice, Unternehmen, Immobilien: Da greifen viele Zahnräder ineinander, und das wird für Versicherer wie auch für Versicherungsnehmer zur Herausforderung.
Schauen wir uns dies also konkret mal an: Wer im Homeoffice arbeitet, nutzt entweder seinen privaten Computer und greift damit auf das Firmennetzwerk zu oder erhält vom Arbeitgeber ein Gerät zur Verfügung gestellt. Wenn sich nun ein firmeneigenes Gerät in einem privaten Haushalt befindet: Sind Schäden daran über die private Hausratsversicherung gedeckt oder über den Arbeitgeber versichert?
Private Geräte sind über die private Hausratsversicherung versichert. Auch bei Elementarschäden sind meine privaten Geräte über die private Versicherung gedeckt. Das gilt allerdings nicht für Eigenschäden (also, wenn Sie z.B. Ihren Kaffee über Ihr Gerät verschütten). Um Eigenschäden decken zu können, benötigen Sie eine entsprechende Zusatzversicherung. Ein firmeneigenes Gerät wiederum gehört nicht zum Hausrat, ist also nicht durch eine private Hausratsversicherung gedeckt. Wenn Sie den Firmen-Laptop beschädigen, greift auch nicht Ihre Privathaftpflichtversicherung. Weil: Versicherungstechnisch handelt es sich beim Firmen-Laptop um ein Hilfsmittel, das Ihnen der Arbeitgeber zur Verfügung stellt, damit Sie überhaupt arbeiten können unabhängig davon, ob Sie im Firmenbüro oder zu Hause damit arbeiten. Entsprechend ist dessen Versicherung auch Sache des Arbeitgebers.
Nun geht es ja nicht nur um den Gegenstand «Laptop», sondern auch um die Daten und die Software, mit denen darauf gearbeitet wird. Werden diese versicherungstechnisch ebenfalls wie «Sachen» behandelt oder bewegen wir uns da in einer besonderen Zone, gerade wenn man Schäden denkt, die aus Cyberangriffen entstehen können?
Wenn wir zu Hause arbeiten, werden wir angreifbarer, es bestehen Lücken, die Hackern neue Möglichkeiten bieten. So gesehen sind die Risiken gewachsen. Deshalb ist es auch hier wichtig, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Sicherheitssituation analysieren und bei Bedarf auch Experten eines Versicherers beiziehen. Denn da besteht die gleiche Situation wie beim Hausrat: Es obliegt der Verantwortung des Arbeitgebers, Daten zu schützen. Wenn ich mich etwa über eine verschlüsselte VPNVerbindung von zu Hause ins Geschäftsnetzwerk einlogge, dann ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass dies sicher funktioniert. Aber was passiert in meinem privaten Netzwerk, wenn ich mich etwa über WLAN einlogge? Denn dort besteht ein möglicher Angriffspunkt für Hacker. Oder ein anderer Angriffspunkt sind Drucker. Auch da besteht für gewiefte Hacker technisch die Möglichkeit, während der Datenübertragung via WLAN ins Netzwerk reinzukommen. Deshalb muss bei einer Cyberversicherung angeschaut werden, ob auch das Risiko eines Cyberangriffs via Heimnetzwerk auf Geschäftsdaten abgedeckt ist. Denn auch hier gibt es verschiedene Zusätze, die man bei Bedarf einschliessen kann oder nicht. Gerade KMU sollten sich diesbezüglich ihre Gedanken machen -Daten gelten heute schliesslich als neue Währung.
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