
08 Jul Fundierte Entscheidungsgrundlage bieten
Die Auswahl an Leistungen der beruflichen Vorsorge ist gross, wenn man nicht einfach auf das Vollversicherungsmodell setzen will. Entsprechend beratungsintensiv ist das Geschäft mit den Pensionskassen. Viele Unternehmen nehmen deshalb die Dienste eines Versicherungsbrokers in Anspruch, um eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten.
VON THOMAS BERNER
Ein solcher Versicherungsbroker ist die Global Sana AG. 2014 gegründet, ist sie im Bereich der Privatversicherungen inzwischen die Nummer 1 in der Schweiz und zählt über 110000 Kunden an 10 Standorten. Unser Gesprächspartner Carmelo Alosi ist seit Oktober 2019 Leiter Firmenkunden, eines Bereichs, der stark wächst und dabei die Synergien mit dem Privatkundengeschäft nutzt
ORGANISATOR Herr Alosi, welche Bedürfnisse werden von den Kunden derzeit am meisten nachgefragt?
CARMELO ALOSI Wir merken aufgrund der Pandemie, dass die Sensibilität in Unternehmen für gewisse Themen gestiegen ist.
Viele Firmen nehmen dies zum Anlass, ihre Versicherungssituation zu prüfen und sich zu fragen, wo es Optimierungspunkte gibt, etwa versicherungsrechtlich wie auch hinsichtlich Kosten. Vor allem geht es darum, bestehende Prozesse zu hinterfragen und zu prüfen, ob diese immer noch zeitgemäss sind. Wir schreiben deshalb gegenwärtig sehr viele Analysen der Ist-Situation.
Zumal viele – gerade Einzel- und Kleinunternehmen – das Thema Versicherungen halt als «notwendiges Übel» betrachten und da zum Teil im Blindflug unterwegs sind.
Das trifft zu. Kommt hinzu, dass das Versicherungswesen ein Vertrauensgeschäft ist. Man bleibt über lange Zeit beim gleichen Versicherungsanbieter und hinterfragt nur selten die Verträge …
… weil es halt bequem ist, einen einzigen Ansprechpartner zu haben. Und genau da kommen Sie als Broker ins Spiel?
Ja. Unser ethisches Credo ist dabei, eine neutrale Sicht auf den Markt zu haben. Wir verfügen über Zusammenarbeitsvereinbarungen mit mehr als 30 Gesellschaften, auch mit kleineren Anbietern – gerade bei Pensionskassen. Denn da treffen wir immer häufiger auf Kunden, denen ethische Grundsätze wichtig sind und die darauf achten, wie Vorsorgegelder angelegt sind. Dies können wir seit einigen Monaten vermehrt beobachten. Es gibt viele interessante kleine Anlagestiftungen, welche mit nachhaltigen Anlagen schöne Renditen erzielen und auch sehr transparent über ihre Anlagen informieren.
Wie viel Auswahl hat man denn als KMU bei Vorsorgeeinrichtungen?
Unternehmen, die als GmbH oder AG aufgestellt sind, haben in der Tat die Qual der Wahl. Da stehen auf der einen Seite die Vollversicherer als grössere Player. 40 Prozent der Schweizer Unternehmen tendieren immer noch zu diesem Modell. Dieses ist zwar renditetechnisch nicht sehr spannend, hat aber den Vorteil, dass Unternehmen kein Risiko mittragen müssen – das Geld muss so erwirtschaftet werden, dass das gesetzliche Minimum erfüllt ist. Auf
der anderen Seite stehen die teilautonomen Anbieter. Viele Unternehmen wollen ihre Verantwortung den Mitarbeitenden gegenüber wahrnehmen und bei bestimmten Lösungen mitbestimmen können. Sie profitieren zum Teil auch von tiefen Verwaltungskosten. Das Risiko, dass sie allenfalls bei einer Unterdeckung Geld einschiessen müssen, nehmen sie dabei in Kauf. Allerdings muss man sagen, dass viele teilautonome Pensionskassen von sich aus so gut wirtschaften, dass eine Unterdeckung sehr selten eintritt. Denn sie haben bei ihren Anlagen eine höhere Flexibilität. Nochmals anders kann es für Einzel- und Kleinunternehmen aussehen, wenn sie sich etwa einer Branchenlösung anschliessen. Dort ist die Auswahl an Vorsorgeplänen oft eingeschränkt
Wobei viele solche Unternehmen gar keine zu hohe Komplexität wünschen, sondern eine Lösung, die für sie und ihre Mitarbeitenden stimmt.
Ja, das funktioniert sehr gut. Es braucht paritätische Grundsätze, die für alle Gültigkeit haben. Das ist immer noch die bessere Lösung, als wenn man als Selbstständiger die Vorsorge über die Stiftung Auffangeinrichtung laufen lässt. Das wäre dann die Ultima Ratio. Manchmal erweist sich für Einzelunternehmerinnen oder -unternehmer die private Vorsorge sogar als attraktiver. In diesen Fällen sind Spezialisten gefragt, die sich als Experten für private und betriebliche Vorsorge ausweisen. Wobei ich festhalten möchte: Die Stiftung Auffangeinrichtung hat durchaus ihre Berechtigung. Denn sie kann in Notfällen einspringen.
Die Frage der «richtigen» Vorsorge entbehrt nicht einer gewissen Komplexität. Wie und wo kann hier nun ein Broker Unterstützung leisten?
Wir schauen uns bei den Anbietern ein paar wesentliche Grundparameter an, etwa Deckungsgrade, Verhältnis von Anzahl Rentnern zu Anzahl aktiv Versicherten, Verzinsung der Altersguthaben und anderes mehr. Diese Faktoren können wir gegenüberstellen. Hinzu kommen auch Faktoren wie der Kundenservice – etwa: Besteht ein OnlineTool für die Versicherten? – und sonstige administrative Unterstützung, etwa bei Mutationen. Aufgrund dessen machen wir für den Kunden dann eine Ausschreibung.
Wir empfehlen grundsätzlich, dass man etwa alle drei Jahre die bestehende Vorsorgelösung prüft und neue Offerten einholt – auch ohne zwingende Absicht, den Anbieter dann auch wechseln zu wollen. Denn vielleicht lassen sich auch mit dem aktuellen Dienstleister neue, bessere Konditionen aushandeln, und man erklärt sich dann bereit, sich nochmals für drei Jahre zu verpflichten. Unsere Empfehlung ist es ohnehin, dass man sich nicht länger als drei bis fünf Jahre an einen Anbieter bindet. Man sollte dabei nicht zu langfristige Verträge abschliessen oder schon bei Vertragsabschluss etwaige Penalties wegbedingen. Diese Möglichkeiten bestehen durchaus
«Die Vorsorge muss für jedes Unternehmen finanzierbar sein.»
Da kann ein Broker ebenfalls weiterhelfen. Ein Broker verfügt über entsprechendes Marktwissen und kann Chancen und Risiken anschauen und auf die Servicequalität der Vorsorgeeinrichtungen achten. Sein Ziel ist es, dem Kunden eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
Was kostet mich als Unternehmer die Zusammenarbeit mit einem Broker?
Wir operieren in erster Linie für den Kunden. So gesehen, ist unsere Dienstleistung kostenlos. Das unterscheidet uns von Brokern, welche ihre Aufwände auf Honorarbasis in Rechnung stellen. Allerdings gilt dies vor allem für grosse Unternehmen, wo unter Umständen zusätzliche Expertise notwendig ist. In unserem Segment betreiben wir unsere Dienstleistungen kostenlos, unabhängig davon, ob wir anschliessend auch mandatiert werden. Wir stellen uns auf den Standpunkt, dass die Vorsorge für jedes Unternehmen finanzierbar sein muss. Bekanntlich sind Bestrebungen im Gang, dass die sog. Courtagen gestrichen werden sollen. Damit würde eine wichtige Ertragsquelle für Broker wegfallen. Die Gefahr würde dann darin bestehen, dass Kleinunternehmen für Beratungen ein Honorar entrichten müssten. Die Folge wäre dann, dass solche Unternehmen sich die Aufwände für Beratungen sparen und ihre gewählte Lösung kaum mehr hinterfragen, sondern einfach belassen. Da die Courtagen in letzter Zeit stark gesunken sind, wären Honorare wohl um einiges höher.
In Diskussion ist derzeit die BVGRevision. Alle Interessengruppen sind sich zwar darin einig, dass es Anpassungen braucht, das Wie ist aber umstritten. Wie positionieren Sie sich da als Broker?
Auch wir sind uns einig, dass Reformbedarf besteht. Zur Debatte stehen im Wesentlichen die folgenden Punkte: Reduzierung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent innerhalb der obligatorischen Leistungen (überobligatorische Kapitalien haben schon lange einen tieferen Rentensatz), Halbierung des Koordinationsabzugs, Anpassung von Altersgutschriften und ein monatlicher Zuschlag auf die BVG-Renten für alle Rentnerinnen und Rentner für 15 Jahre ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Dies würde mit einem Zuschlag von 0,5 Lohnprozent ausbalanciert. Von politisch linker Seite ist die Position so, dass man sich zwar mit einem tieferen Umwandlungssatz einverstanden erklärt, aber nur mit Rentenzuschlag, auf der rechten Seite heisst es, man müsse den Umwandlungssatz sofort senken ohne Wenn und Aber. In der Broker-Landschaft besteht ebenfalls die Meinung, dass der aktuelle Umwandlungssatz nicht mehr zeitgemäss ist und deshalb gesenkt werden muss. Es herrscht aber auch ein gewisses Verständnis für jene politischen Kreise, die dies kritisch sehen. Es braucht deshalb Kompromisse.
Ein BVG, das alle Wünsche erfüllen kann, wird es wohl kaum geben?
Richtig. Aus vielen Diskussionen mit Fachleuten und Politikern höre ich auch, dass man die Eintrittsschwelle für die 2. Säule von aktuell 21510 Franken senken könnte. Das würde dazu führen, dass auch mehr Teilzeitangestellte in den Genuss von Pensionskassenleistungen kämen. Auch ein tieferes Eintrittsalter – z.B. 20 statt 25 Jahre – wäre ein mögliches Szenario. Und auch das tiefere Rentenalter von Frauen ist womöglich nicht mehr ganz zeitgemäss und sollte diskutiert werden. Oder auch die Bereitschaft vieler 65-Jähriger, noch länger arbeiten zu wollen, weil sie sich noch überhaupt nicht zum «alten Eisen» zählen. Die demografische Entwicklung erfordert künftig eine grössere Flexibilität bei der Gestaltung der Altersvorsorge durch die Pensionskassen.