Die Rechnung, bitte

Wer zahlt für den zweiten Bildschirm? Diese und weitere Antworten zu den Kosten im Homeoffice.
Florence Vuichard

1. Wer bezahlt für die Zusatzkosten im Homeoffice?

Die Kurzantwort: Es kommt darauf an. Denn es gibt zwei Grundsatzfragen, die es zuvor zu klären gibt. Erstens: Werden die Angestellten von ihren Arbeitgebern ins Homeoffice beordert oder wollen sie freiwillig lieber von zu Haus aus arbeiten? Und zweitens: Wird der zweite Bildschirm ausschliesslich oder auch für die Arbeit gebraucht? Je nach Antworten müssen die Arbeitgeber alles, einen Teil oder nichts bezahlen.
Notwendige Berufsauslagen seien zwingend von den Arbeitgebenden zu übernehmen, sagt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich. «Umstritten hingegen ist, ob diese auch dann zahlen müssen, wenn Homeoffice auf Wunsch der Arbeitnehmenden eingeführt wird und im Betrieb ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehen würde.» Rudolph empfiehlt deshalb den Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden die offenen Fragen vertraglich zu klären – vor allem, «wenn Homeoffice auf Dauer vorgesehen ist».

2. Muss die Firma den zweiten Bildschirm bezahlen?

Es sei Sache der Arbeitgebenden, die Mitarbeitenden mit den notwendigen Arbeitsgeräten auszustatten, betont Rudolph. «Und das gilt grundsätzlich auch im Homeoffice.» Die Firma muss also auch für den zweiten Bildschirm aufkommen, wenn er für die Arbeit erforderlich ist. Hingegen könnten sich Arbeitgebende und Arbeitnehmende auch auf einen anderen Kostenschlüssel einigen. «Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn die neue Ausrüstung auch für die Privatbenützung verwendet werden darf», sagt Rudolph. «Umgekehrt sollte auch eine Entschädigungsregelung getroffen werden, wenn private Geräte der Arbeitnehmenden ebenfalls für berufliche Zwecke eingesetzt werden.»

3. Wer zahlt die höhere Stromrechnung?

Notwendige Berufsauslagen seien zwingend von den Arbeitgebenden zu übernehmen, hält Rudolph fest. «Dies gilt auch für eine aufgrund von Homeoffice höher ausfallende Stromrechnung. » Jedenfalls, wenn die Angestellten von zu Hause aus arbeiten müssen. Rechtlich umstritten ist die Frage hingegen, wenn sie freiwillig Homeoffice machen. Für den Arbeitgeberverband ist die Antwort jedoch klar: Arbeiten Angestellte im Betrieb und hätten auch die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, dann muss der Arbeitgeber in der Regel «keine weiteren Kosten für das Homeoffice übernehmen», sagt Andrea Schwarzenbach. «Mit der Bereitstellung eines Arbeitsplatzes im Betrieb ist er seinen Pflichten schon nachgekommen.»

4. Wie lange muss man am Abend erreichbar sein?

Ob Büro oder Homeoffice: Es gilt das Arbeitsrecht – mit all seinen Vorgaben –, das etwa die wöchentlichen Höchstarbeitszeiten oder die einzuhaltenden Ruhezeiten regelt. Und das viele branchenspezifische Ausnahmen zulässt. Ohne explizite, vertraglich festgehaltene Abmachung müssen die Angestellten in der Regel nur während der ordentlichen Betriebszeiten des Unternehmens erreichbar sein. «Vorbehalten bleiben dringende betriebliche Bedürfnisse», ergänzt Rudolph, wie etwa eine Panne, die eine sofortige Kontaktaufnahme erfordere.

5. Wer sorgt für den Gesundheitsschutz?

Es ist in erster Linie Sache der Unternehmen, auch bei Homeoffice ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht nachzukommen. «Gleichzeitig stehen aber auch die Arbeitnehmenden in einer erhöhten Pflicht, gerade weil sie im Homeoffice mehr Freiheiten geniessen», sagt Rudolph. Auch der Arbeitgeberverband setzt beim freiwilligen Homeoffice auf die Eigenverantwortung der Angestellten.

6. Gibt es politischen Handlungsbedarf?

Ja, sagt Daniel Jositsch, Zürcher SP-Ständerat und Präsident des Kaufmännischen Verbands. Er hat eine Motion für die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für Homeoffice eingereicht. Die Erfahrungen im Coronajahr hätten gezeigt, dass Klarheit geschaffen werden müsse, etwa in Bezug auf den Gesundheitsschutz aber auch bezüglich Arbeits- und Ruhezeiten.
Rudolph ist skeptisch gegenüber Sonderregeln für einzelne Berufsgruppen oder Angestelltenkategorien. Bei Homeoffice hingegen handle es sich um eine verbreitete, firmenübergreifende und absehbar noch weiter zunehmende Beschäftigungsform mit spezifischen arbeitsrechtlichen Regelungs- und Schutzbedürfnissen. «Vor diesem Hintergrund würde ich eine gesetzliche Regelung begrüssen.» Sie sollte aber ausreichend Gestaltungsspielraum für angemessene betriebliche oder sozialpartnerschaftliche Regelungen belassen.